Die Wahrheit über Promi-Begegnungen: Zwischen Faszination und Ernüchterung

In meiner langjährigen Karriere als Moderator und Entertainer habe ich unzählige Prominente kennengelernt und mit vielen zusammengearbeitet. Um es gleich vorwegzunehmen: Diese Begegnungen waren nicht immer angenehm. Mal war ich begeistert, oft irritiert, und leider auch immer wieder mal zwischendurch geschockt. Aber genau diese Mischung macht es auch so faszinierend.


Oft sagen Freunde. "Boah, wen du alles kennst. Muß doch toll sein." - Nein, ist es nicht. Jedenfalls nicht immer. Nicht falsch verstehen, ich liebe meinen Beruf und ich liebe es, neue Menschen kennenzulernen. Prominente sind immer besonders spannend, weil man nie weiß, was einen erwartet. Ob das Bild, was man im Kopf hat mit der Realität übereinstimmt. Weil man manchmal Einblicke hinter die Kulissen bekommt, aus denen man etwas Neues lernen kann. Und weil manche Promis auch wirklich süß sind, kooperativ, überraschend unterstützend. Team-Player, mit denen man Abenteuer erleben kann, Shows gestalten kann, wo der Glanz auf ein wenig abfärbt. Momente, in denen man zusammen etwas erreicht.


Aber es gibt auch die Schattenseiten, Star-Allüren, Zickigkeiten. Egos und Eitelkeiten, von denen ich lieber nichts gewusst hätte. Auf die ich aber trotzdem reagieren muss. Professionell, freundlich, konstruktiv. Und das ist manchmal nicht einfach... 


Die erste Begegnung: Der magische Moment der Wahrheit

Es gibt diesen entscheidenden Augenblick, wenn ein Prominenter den Raum betritt. Ein Händedruck, ein Blick, eine Geste, und man weiß sofort: Wird das eine harmonische Zusammenarbeit oder ein Spießrutenlauf? Ich habe gelernt: Es kommt auch nochmal besonders auf die Branche an.

Autoren und Schriftsteller sind oft die angenehmsten Gesprächspartner: Reflektiert, bescheiden und wirklich an Austausch interessiert. Ganz anders viele Schauspieler, die in einem Business unterwegs sind, wo Eitelkeit irgendwie zum Handwerk gehört. Warum wird jemand Schauspieler, kann man sich da mal fragen... Dabei sind die wirklich Talentierten oft am entspanntesten: Wer sein Können kennt, muss nichts vortäuschen.Aber die Branche ist eben auch ein Haifischbecken, die Konkurrenz groß, die Verträge immer kurz. Heute noch auf Platz eins in der Quote, dann plötzlich weg vom Fenster. Das geht vielen so. Und damit umzugehen ist für viele eine echte Herausforderung. Wenn man da nicht von Hause aus ein stabiles, gesundes Selbstwertgefühl hat oder sich diesbezüglich weiterentwickelt, wird es schwierig. Auch das sollte man im Hinterkopf haben.


Von Team-Playern und Rampensäuen: Die zwei Seiten der Promi-Welt

Die wunderbaren Team-Player sind das Salz in der Suppe dieser Arbeit. Diese Menschen, die einem sofort das Gefühl geben: "Wir machen das jetzt gemeinsam." Die zuhören, auf Augenhöhe reagieren, vielleicht sogar improvisieren. Die einfach professionell bleiben und nicht vergessen, dass es ein Beruf ist und kein Wettbewerb. Bei solchen Gästen wird Arbeit zum Vergnügen.

Dann gibt es die andere Sorte. Die mit der Energie eines Raubtiers hereinkommen, die keinen Dialog wollen, sondern eine Bühne für ihr Ego. Manchmal höre ich das unausgesprochene "Du stehts mir im Licht!", kann es fast körperlich spüren. Die nonverbale Botschaft ist klar: "Du bist NUR der Moderator - ich bin der STAR." Als professioneller Moderator lernt man, damit umzugehen, aber innerlich bleibt gelegentlich ein bitterer Nachgeschmack. Auch hier hilft wieder ein toller Satz aus dem Buch 50 Sätze, die das Leben leichter machen von Karin Kuschik weiter:


"Wer mich ärgert, bestimme immer noch ich."


Es lohnt sich, das zu üben. Klappt nicht immer, aber immer öfter. Einatmen, ausatmen, nachspüren, wie geht es mir jetzt, nicht sofort reagieren und erinnern: Ich bestimme, worüber ich mich ägere - niemand sonst. "Wer mich beleidigt, bestimme ich!" hat Klaus Kinski immer gesagt. Das stimmt. Zu 100%. Und es gilt für uns alle. Üben. Üben. Üben. Lohnt sich. Aber das nur am Rande.


Ein kleines Messemärchen: Wie aus einer spontanen Idee ein Erfolg für alle wurde

Eines meiner schönsten Erlebnisse als Moderator hatte ich auf einer mehrtägigen Messe. Mein Auftrag: Das Bühnenprogramm gestalten, Interviews führen, Expertenvorträge moderieren. Und mit meiner Stimme durch die Messe-Hallen schweben, um Besonderheiten über die Lautsprecheranlage anzukündigen.

Gleich am ersten Morgen kam eine freundliche Ausstellerleiterin auf mich zu: "Wir haben einen TV-Star an unserem Stand - könnten Sie das regelmäßig ansagen?" Meine spontane Antwort: "Aber gerne! Wenn Sie mir den Promi dafür einmal täglich für eine kleine Bühnen-Show ausleihen?"

Ein Handschlag, ein Lächeln, die Sache war abgemacht. Ehrlich gesagt kannte ich den besagten Promi nicht einmal. Aber das machte nichts. "Promis ziehen immer", dachte ich mir, "lass uns was Schönes draus machen!"

Am Stand stellte ich mich vor - und traf auf einen echten Glücksfall. Keine Starallüren, keine Berührungsängste. Stattdessen: Begeisterung für meine Idee. Schnell entwickelten wir ein lockeres Konzept: Eine Mischung aus Fachwissen, praktischen Tipps und improvisiertem Interview mit einem Kern aus dem Leben eines TV-Stars. Das finden die Leute immer spannend. Das ist wie eine Illustrierte. Alles fühlte sich leicht und natürlich an, als würden wir schon ewig zusammenarbeiten.

Und dann kam der magische Moment: Die Bühne, das Publikum, die gemeinsame Energie. Der Platz vor der Bühne? Gerammelt voll. Die Stimmung? Elektrisierend. Die Besucher? Begeistert.

Dieses Erfolgserlebnis wiederholten wir an mehreren Messetagen und später sogar auf anderen Messen. Eine echte Win-Win-Win-Situation: Der Messeveranstalter freute sich über das besondere Programm, der Aussteller bekam Aufmerksamkeit (die ich natürlich gerne betonte), der TV-Star zeigte seine sympathische Seite, die Besucher wurden unterhalten - und ich?

Ich war in meinem Element. So sollte es immer sein: Leichtigkeit, Professionalität und dieser wunderbare Flow, wenn alle an einem Strang ziehen. Das ist für mich die Essenz gelungener Teamarbeit und der Beweis, dass selbst spontane Begegnungen zu großartigen Erlebnissen werden können, wenn die Chemie stimmt. Wenn man weiß, dass man zusammen eben mehr erreicht, als alleine. Das geteilte Aufmerksamkeit, gut genutzt, eben mehr bringt als Egomanie.


Wenn die Diva aus der Bahn fällt: Promi-Turbulenzen hinter den Kulissen

Natürlich gibt es auch die andere Seite der Medaille. Jene Momente, in denen man sich als Moderator fragt: "Warum tue ich mir das eigentlich an?"

Da war diese eine "Bettgeschichte" kurz vor der Show: Unser prominenter Gast kam zu spät für das Vor-der-Show-Kennenlernen-Warmup. Die Deutsche Bahn mal wieder. Dann stand sie am falschen Ausgang, fand den Abholservice nicht, und plötzlich gingen die Alarmglocken los: "Ich fahre wieder nach Hause, so etwas habe ich noch nie erlebt!" Ein aufgeregtes Telefonat, eine angespannte Stimme. Und ich? Ich stand zwischen Mikrofon-Check und letzten Absprachen, versuchte, mich zu konzentrieren, während mir schon die Sorgen durch den Kopf schossen: Wenn es jetzt schon so anfängt, wie wird dann erst das Interview?

Dann rauschte sie endlich herein. Nur um sofort die Nase zu rümpfen: "Aber nicht in DER Bettwäsche! Die ist ja fürchterlich!" Ich war sprachlos. Sollte ich jetzt diplomatisch lächeln? Oder klar sagen, dass ich das ziemlich unprofessionell finde? Ich rang nach Fassung, atmete tief durch, es war kaum Zeit irgendetwas zu ändern, die Gäste trudelten ein und dann ging die Show los.

Und siehe da: Kaum waren die Kameras an, schien alles wieder normal. Für einen kurzen Moment Bis sie mir plötzlich in die Anmoderation fiel, einfach das Zepter übernahm und mich wie einen begossenen Pudel dastehen ließ. Fantastisch. Doch im Laufe des Gesprächs entspannte sich die Situation. Die Zuschauer waren begeistert, das Interview entwickelte eine eigene Dynamik und am Ende war nicht nur ich erleichtert, sondern mein Gast auch.

Aber mal ehrlich: Musste das sein? Diese unnötigen Star-Allüren, dieses Theater vor der Show? Leider kein Einzelfall. Immer wieder erlebe ich solche Szenen. Oft sind es nur kleine Giftpfeile zwischendurch. "Nein, dieses Bier trinke ich nicht. Ich will das andere." und dann die Flasche auf den Boden werfen (zum Glück Auslegeware). Alles schon passiert. Bis heute habe ich kein Patentrezept, wie man damit umgehen soll. Vielleicht hilft es, wie im Kindergarten zu reden: "Okay, wir beruhigen uns jetzt erst mal." Oder eine klare Ich-Botschaft zu senden: "Wenn du so mit mir sprichst, bin ich total irritiert. Mir ist ein professioneller und freundlicher Umgang sehr wichtig."

Eines habe ich gelernt: Hinter solchen Ausbrüchen steckt manchmal keine böse Absicht, sondern schlicht Unsicherheit. Die Angst vor dem Unbekannten, vor dem Interview, vor der Frage: Werde ich gut dastehen? Manche Gäste reagieren gleich mit offenen Armen und Kooperation, andere bellen erst mal, um ihre eigene Nervosität zu überspielen oder um klar zu machen, das man sie gefälligst anbeten soll. Oder können ihr Anliegen eben nicht freundlich als Ich-Botschaft besprechen. So wie viele "normale" Menschen eben auch nicht.

Am Ende ist es wie bei einer Achterbahn: Man übersteht die holprige Fahrt. Die Zeit arbeitet immer für einen. Und wenn alles gut geht, landet man sogar mit einem Lächeln im Ziel. Aber ob die Dramen davor wirklich nötig waren? Darüber könnte ich selbst noch ein ganzes Talk-Format machen.


Wenn Prominente auftauen: Vom Kampfhund zum Schoßhund

Noch etwas ist wirklich spannend: Manche der anfänglich schwierigsten Gäste wurden zu den intensivsten Gesprächspartnern. Anfangs noch unsicher, auf Krawall gebürstet, ist schon so mancher irgendwann zwischen dem zweiten und dritten Themenblock aufgetaut, sprach plötzlich nicht mehr in PR-Sätzen, sondern von seiner/ihrer Angst vor dem Alter, der schwierigen Kindheit, Momenten des Zweifels.Fühlte sich sicher, angenommen, ernst genommen.

Das ist die Magie meiner Talkformate: Wenn Menschen ihre Masken ablegen, wird aus oberflächlichem Entertainment plötzlich echtes Leben. Die Zuschauer spüren das sofort. Sie wollen nicht nur Glamour, sondern Echtheit.


Politik und Wahlkampf

Politiker sind noch einmal eine eigene Kategorie. Viele nutzen Interviews nicht für Dialoge, sondern für Monologe. Eine Frage? Perfekt, dann kann man endlich das Wahlprogramm platzieren. Oder manchmal fährt eine Diskussion oder ein Talk auch komplett fest: Ich erinnere mich an eine lokale Debatte zwischen zwei Bürgermeisterkandidaten, die sich bereits im Vorfeld so zerstritten hatten, dass sie auf der Bühne (einer stand rechts, der andere links von mir) kaum noch miteinander reden wollten. So richtig beleidigte Stimmung. Puh! Da heißt es: Ruhe bewahren, vermitteln, nicht auf die Stimmung  aufspringen. Politiker sind nochmal eine ganz andere Art von Prominenten...


Warum wir das tun: Die Magie der echten Begegnungen

Trotz allem überwiegen die beglückenden Momente. Die Überraschungen. Die Gäste, von denen man es nie erwartet hätte. Hera Lind zum Beispiel. Sie war 2016 zu Gast in meiner Show "Bielefelder Bettgeschichten". Ich habe sie vom Bahnhof abgeholt. Sie kam die Rolltreppe hoch, strahlte mich an und ich wusste sofort: Das wird super. Und genauso war es auch. Sie war total süß, offen, unterstützend, freundlch. Im Interview mit der Presse hat sie meine Show gelobt und gesagt: So etwas muss man doch unterstützen! Da komme ich gerne! Nach einer sehr angenehmen kurzen Probe, dem tiefgründigen Interview und dem gemeinsamen Singen von "Mein schönes Bielefeld" war sie noch mit dem gesamten Team etwas essen. Sie hat sich für alle interessiert, viel gefragt, war neugierig und sehr kommunikativ. Man könnte sagen, sie hat allen Beteiligten ein gutes Gefühl gegeben. Da schwärmen auch die anderen aus meinem Team heute noch von.

Diese Momente sind es, die mich weitermachen lassen. Weil sie zeigen: Hinter jeder Promi-Fassade steckt ein Mensch. Mit Ängsten, Träumen, Brüchen. Wenn man ihnen den Raum gibt, wirklich hinschaut und zuhört, dann passiert sie manchmal, eigentlich immer wieder auch: Die Magie.

Tatsache ist: Prominente ziehen Publikum an. Die Leute wollen sie sehen, weil sie sie kennen. Gleichzeitig habe ich oft erlebt, dass unbekanntere Gäste viel interessantere Geschichten erzählen, aber die sind leider auch sehr viel schwerer zu vermarkten.


Am Ende bleibt die Erkenntnis: Prominente sind Menschen unter Extrembedingungen. Manche wachsen daran, andere werden kleiner. Am meisten beeindruckt haben mich nicht die mit den meisten Followern, sondern die, die ihre Menschlichkeit bewahrt haben.Die, die sich selbst reflektieren und erkennen. 


Fazit: Fame ist kein Charakterersatz

Die wahre Kunst besteht darin, hinter die Fassaden zu schauen. Manchmal findet man dort nur Luft, aber manchmal stößt man auf echte Goldstücke. Und genau für diese Momente lohnt sich alles: Wenn ein vermeintlich schwieriger Gast plötzlich sein Herz öffnet, wenn aus einem gestellten Interview ein echtes Gespräch wird, wenn man gemeinsam etwas schafft, das mehr ist als die Summe seiner Teile.


Hinter jeder zickigen Fassade wartet vielleicht ein echter Mensch darauf, entdeckt zu werden. Und nichts ist schöner, als wenn dieser Mensch zum Vorschein kommt.

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