Seit 30 Jahren ist Herzenslust Bielefeld mehr als nur ein Präventionsprojekt. Wir sind eine bunte, schrille und engagierte Community, die sich für Aufklärung rund um HIV, Aids, STIs und Gesundheit stark macht. Mit kreativen Aktionen, witzigen Quizrunden, mitreißenden Bühnenshows und unserem einzigartigen „Talk & Test“-Angebot bringen wir wichtige Themen dorthin, wo sie gebraucht werden: auf Partys, CSDs und mitten in die Szene.
Unter der Leitung von Oliver W. Schulte kombinieren wir Wissen mit Spaß und sorgen dafür, dass Aufklärung nicht nur informiert, sondern auch begeistert. Ob Beratung, Testung, Impfung oder einfach ein offenes Gespräch: Wir sind für dich da!
Einfach. Sicher. Herzenslust.
Als wir 1995 mit dem Projekt Herzenslust starteten, war die Situation rund um HIV und Aids eine ganz andere als heute. Es gab viel Unsicherheit, Angst und vor allem große Wissenslücken. Kondome waren die einzige Möglichkeit, sich vor einer Ansteckung zu schützen, denn wirksame Behandlungsmöglichkeiten gab es kaum. Eine HIV-Diagnose bedeutete für viele einen schweren Krankheitsverlauf, oft mit tödlichem Ausgang. Die Stigmatisierung von Menschen mit HIV und Aids war groß, ebenso wie die gesellschaftliche Ausgrenzung der Hauptbetroffenengruppe: schwule und bisexuelle Männer.
Die Aidshilfen waren in dieser Zeit mit Beratung und Betreuung so ausgelastet, dass die gezielte Aufklärung in der Schwulen-Szene ins Hintertreffen geriet. Um das zu ändern, wurde in NRW das Projekt Herzenslust ins Leben gerufen. Eine Idee, die am runden Tisch Kreativ präventiv der Aidshilfe NRW entstand und bald in vielen Städten umgesetzt wurde. Bielefeld war von Anfang an dabei!
Als mich die Aidshilfe fragte, ob ich (neben meiner ehrenamtlichen Arbeit in der Moderation von Talkshows, Bühnenaktionen und Aufklärungsarbeit) ein Team von Ehrenamtlichen auf Honorarbasis leiten möchte, musste ich nicht lange überlegen. Ich sagte sofort Ja!
Seitdem setzen wir in Bielefeld auf eine ganz besondere Art der Prävention: bunt, laut, humorvoll und immer direkt am Puls der Szene. Wir bringen die wichtigen Themen dahin, wo sie hingehören: Auf Partys, CSDs, in Bars, Clubs und ins direkte Gespräch mit den Menschen.
Ob durch unser „Talk & Test“-Angebot, schrille Bühnenaktionen, interaktive Quizrunden oder persönliche Beratung: Herzenslust Bielefeld macht Gesundheitsaufklärung sichtbar, greifbar und vor allem: alltagstauglich. Denn Aufklärung muss nicht trocken sein, sondern kann Spaß machen und zugleich Leben retten!
Wissenschaftlich bestätigt
Wir haben uns das oft gefragt. Denn wer beim Feiern ist, will sich nicht mit Gesundheit oder Krankheiten beschäftigen. HIV und Aids? Das sind Themen, die man nicht unbedingt mit Party und Freizeit verbindet. Oder doch? Wie erreichen wir unsere Zielgruppe wirklich direkt? Funktioniert unser Ansatz mit bunten, schrillen Störaktionen, provokanten Songs über Geschlechtskrankheiten und Safer Sex?
Eines unserer besten Beispiele: „Gleitgel, Gummi und Popo“. Ein Song, der witzig, provokant und vor allem mit wahrem Kern daherkommt. Dafür haben wir uns in Dirndl geschmissen und kurzerhand „Servus, Grüezi und Hallo“ von Maria und Margot Hellwig um-getextet:
Gleitgel, Gummi und Popo
Safer Sex macht alle froh
und ist zünftig sowieso…
Gleitgel, Gummi und Popo
Gleitgel, Gummi und Popo!
Wir singen heute von Lümmeltüten,
blau-weiß kariert oder genoppt
die rollst du einfach
über dein Würstchen
und dann wird herzhaft losgepoppt…
Aber kommt das an? Oder finden die Leute das einfach nur peinlich? Um das herauszufinden, haben wir ein Jahr lang zusammen mit dem renommierten Wissenschaftszentrum Berlin eine umfassende Evaluation vorbereitet. Zwei unserer Auftritte wurden genaustens untersucht: Einer auf einer kommerziellen Magnus-Party in der Hechelei und einer auf einer von der Art und Weise ganz anderen eigenen Aidshilfe-Party, wo das Publikum bereits auf das Thema eingestimmt war.
Mit Fragebögen, Interviews und geschulten Beobachtern haben wir die Reaktionen der Partybesucher genaustens ausgewertet. Das Ergebnis war eindeutig: Unsere Botschaft kommt an. Und zwar viel besser, als wir es je erwartet hätten!
Unsere Mischung aus Humor, Provokation und Information bleibt im Kopf. Sie sorgt dafür, dass sich Menschen mit dem Thema auseinandersetzen. Nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit einem Lächeln auf den Lippen. Und genau das macht Herzenslust so erfolgreich!
Beiespiele unserer Arbeit
Häufig gestellte Fragen
Ganz einfach: Weil es auffällt! Unser Ziel ist es, Aufmerksamkeit zu erregen und Menschen mit unserer Botschaft zu erreichen. Bunte Outfits, schrille Kostüme und ja, auch mal ein Dirndl oder eine glamouröse Abendrobe, sorgen dafür, dass sich die Leute umdrehen, lachen und neugierig werden. Und genau dann haben wir die perfekte Gelegenheit, über Safer Sex, HIV, STI-Prävention und Gesundheitsthemen ins Gespräch zu kommen.
Und noch etwas: Die Verkleidung schafft eine gewisse Distanz zu uns als Privatperson. Menschen vertrauen uns oft sehr persönliche und auch manchmal intime Dinge an. Ein bunter Fummel sorgt hier für eine klare Abgrenzung zu uns als Teil der Szene.
Erstens: Geschmackssache! Zweitens: Wir sind keine professionellen Drag Queens oder Visagisten, sondern ein ehrenamtliches Präventionsteam, das seinen eigenen schrillen, manchmal trashigen Stil hat. Die übertriebene Schminke gehört zur Show, genauso wie unsere provokativen Songs und Aktionen. Sie macht uns unverwechselbar und sorgt für Gesprächsstoff. Und genau das ist der Punkt!
Ja, das passiert gelegentlich. Manche werfen uns vor, alte Klischees zu bedienen oder ein falsches Bild von schwulen und bisexuellen Männern zu vermitteln. Aber genau da setzen wir an: Wir spielen bewusst mit Rollenbildern, brechen Erwartungen und sorgen für Diskussionen. Unser Ziel ist es, Aufmerksamkeit für Prävention zu schaffen. Das funktioniert am besten mit Humor und Provokation.
Außerdem: Schwule sind so vielfältig wie alle anderen Menschen auch! Manche lieben es schrill, andere sind eher unauffällig. Beides ist völlig okay. Wir zeigen nur einen kleinen, bunten Teil der Community, und wer genauer hinsieht, merkt schnell: Herzenslust geht um Gesundheit, Selbstbestimmung und Aufklärung und nicht um ein bestimmtes Männerbild.
Und noch etwas: Die "Tunte" war seit Beginn der Schwulenbewegung eine Galionsfigur im Kampf für Gleichberechtigung und gegen das allgemein geltende Männlichkeitsbild, welches neben Unkenntnis, religiös motivierten Verdammungen und Angst vor der eigenen Sexualität sicher der Hauptgrund für Homophobie ist.
Als Schwuler kann man sich gut verstecken, wenn man sich nicht outet. Das ist auch vollkommen legitim. Anderen, sichtbaren Schwulen vorzuwerfen, sie würden das "Bild" von schwulen Männern in den Dreck ziehen ist nichts weiter als Selbstdiskriminierung oder anders ausgedrückt von internalisierter Homophobie. Auch in solchen Situationen helfen immer direkte Gespräche weiter. Auch das ist Teil unserer Arbeit (Stichwort: Strukturelle Prävention)
Wenn Dich Männer in Frauenkleidern irritieren frage Dich dochmal, warum eigentlich und was das genau mit Dir zu tun hat....
Es gibt so viele! Besonders bewegend sind die Momente, in denen uns Menschen erzählen, dass sie durch unsere Arbeit bewusster mit ihrer Gesundheit umgehen, sich haben testen lassen oder sich dank uns vor einer Infektion geschützt haben. Wir haben bei unserer Hepatitis-Impfkampagne über 100 Menschen in Bielefeld im Impfmobil vor Szene-Kneipen und Parteis geimpft. Das lief so: Unser Song auf der Bühne, ab zum Impfmobil, kurzes Gespräch, Spritze in den Oberarm, wieder zurück auf dei Tanzfläche! So sieht effektive Prävention aus. Damit waren wir damals sogar erfolgreicher, als eine ähnliche Kampagne in München!
Legendär waren auch unsere Auftritte bei CSDs, auf Partys und unsere Mitternachts-Shows im Forum und in der Hechelei. Aber am schönsten ist es, immer wieder zu erleben, dass wir mit Humor und Herz etwas bewirken können.
Es gibt ein Ereignis, dass uns alle zu Tränen gerührt hat: Unser Aufrtitt beim Bundes-Positiven-Treffen in Bielefeld. Dort haben wir unsere Syphilis-Moritat "Klaus-Dieter war 'ne schrille Schwester, er liebte den Verkehr.." mit Musik und bunten Bildern auf A1 Plakaten zu den einzelnen Strophen präsentiert. Während unseres Aufrittes war es muksmäuschenstill. Alle haben ganz konzentriert zugehört und zugeschaut. Und nach der Präsentation folgte ein tosender, nicht enden wollender Applaus und wir bekamen riesige Blumensträuße überreicht. Das macht mir heute noch Gänsehaut.
Natürlich gab es auch traurige und frustrierende Momente. Die schlimmsten waren die Zeiten, in denen wir Freunde und Wegbegleiter an Aids verloren haben. Die Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV schmerzt uns bis heute. Auch, wenn unsere Botschaften nicht ernst genommen oder lächerlich gemacht wurden, war das manchmal frustrierend. Und manchmal standen auch Leute vor der Bühne und zeigten uns während unseres Auftrittes unverblümt minutenlang den Stinkefinger oder skandierten lauthals, das sie jetzt etwas anderes sehen wollen. Da geht man manchmal schon traurig und mit hängenden Schultern nach Hause und möchte hinwerfen. Schlimm war auch der extreme Shitstorm nach unserem Auftritt auf dem CSD 2021, der erschreckenderweise auch von einigen Schwulen mitbefeuert wurde....
Aber es gibt auch immer wieder tosenden Beifall, begeistertes Mitsingen oder tiefe Gespräche. Und genau das motiviert uns, weiterzumachen!
Das ist schwer zu sagen. Wir haben keine offizielle Fanbase, aber über die Jahre viele Menschen erreicht. Bei unseren Aktionen, Shows und Events haben wir tausende von Menschen informiert, inspiriert und zum Lachen gebracht. Unsere Youtube Videos könnten durchaus mehr Aufmerksamkeit vertragen...
Auf den Parties werden wir allerdings immer häufiger gefragt, ob und wann wir denn aufreten. Das macht uns glücklich.
Wir bleiben kreativ und planen immer wieder neue Aktionen. Ob schräge Songs, lustige Quiz-Formate oder interaktive Mitmach-Aktionen: Wir entwickeln ständig neue Ideen, um Menschen für Gesundheits- und Präventionsthemen zu begeistern. Schau doch einfach regelmäßig vorbei oder folge uns auf Social Media, um keine Neuigkeiten zu verpassen!
Dieses Jahr planen wir einen neuen Song, der 30 Jahre Herzenslust Bielefeld feiert. Die Premiere ist für den CSD Bielefeld am 21. Juni 2025 vor dem Rathaus geplant.
Ja, auf jeden Fall! Wir treten bei Events, Partys, CSDs und Veranstaltungen auf und bringen unsere Präventionsbotschaften direkt ins Publikum. Unterhaltsam, informativ und immer mit einer Prise Humor. Egal, ob Bühnenshow, Mitmach-Aktion oder ein persönliches Gesprächsangebot: Einfach anfragen!
Grundsätzlich liegt unser Fokus auf HIV, Safer Sex und sexueller Gesundheit. Aber wir sind offen für andere Präventionsthemen, wenn sie zu uns passen und wir sie auf unsere kreative Art vermitteln können. Gesundheit betrifft uns alle, also warum nicht? Wer weiß, vielleicht gibt es bald einen neuen Song über Darmkrebsvorsorge oder Impfungen…
Fragen Sie uns oder mich gerne an. Ich bin ja auch als Moderator und Entertainer in anderen Projekten unterwegs.
In 30 Jahren hat sich unglaublich viel getan. HIV und Aids sind heute gut behandelbar, und die Prävention hat sich enorm weiterentwickelt. Von der Kondomkampagne der 90er ging es über die Kombi-Therapie und Schutz durch Therapie zur Postexpositionsprophylaxe (PEP). Heute gibt es mit der Präexpositionsprophylaxe (PrEP) sogar eine Pille, die zuverlässig vor einer HIV-Infektion schützt. Dazu kamen neue Testmöglichkeiten, Impfaktionen (z. B. gegen Hepatitis A und B) und viele weitere Fortschritte.
Um immer auf dem neuesten Stand zu sein, bilden wir uns regelmäßig auf medizinischen Rundreisen fort. Dabei geht es nicht nur um HIV, sondern auch um Geschlechtskrankheiten, moderne Behandlungsmöglichkeiten, (Party-)Drogen und deren Konsum sowie viele weitere Themen, die für unsere Präventionsarbeit relevant sind. Zusätzlich treffen wir uns regelmäßig zum Austausch, um unser Wissen aktuell zu halten und neue Methoden in unsere Arbeit zu integrieren. Es gab immer wieder erstaunliche "Trends" wie z.B. die "Bareback"-Zeit, wo es unverständlicherweise in manchen Kreisen als cool galt, sich bewusst mit HIV zu infizieren. Oder auch die "Chem-Sex" Phase, in der Drogen-und-Sex-Parties in Mode waren. Diese Trends haben sich wie alle Trends auch wieder in Luft aufgelöst. Aber als sie akut waren, haben wir auch in diesen Bereichen aktiv und punktgenau aufgeklärt und uns vorher dazu schlau gemacht.
Wir wünschen uns, dass HIV irgendwann heilbar ist und dass Prävention nicht mehr notwendig wäre. Bis dahin möchten wir weiterhin laut, bunt und kreativ für Aufklärung sorgen. Und wir hoffen, dass die Community uns weiterhin unterstützt, indem sie sich testet, schützt und Wissen weiterträgt. Und uns durch Interesse und Applaus motiviert, weiter zu machen.
Aber: Es gibt leider immer mehr Kürzungen in den letzten Jahren. Wir arbeiten bereits seit 30 Jahren mit sehr, sehr wenig Budget. Und das wird derzeit weiter gekürzt.Die gute Nachricht ist: 2025 ist noch gesichert!
Stand Frühjahr 2025 sind wir zu zweit auf der Bühne und bei den Aktionen unterwegs. Im Hintergrund unterstützen uns weitere Leute mit Koordinationsarbeit, Organisation, eine Schneiderin für unsere Kostüme und ein Ton-Studio-Mann für unsere Songs.
Früher waren wir mal deutlich mehr, teils in ganz unterschiedlichen Zusammensetzungen.
In den letzten Jahren ist es immer schwerer geworden, neue Leute für ehrenamtliches Engagement zu finden. Besonders die Verkleidung schreckt viele ab. Nicht jeder möchte sich auf der Bühne in Frauenkleidern präsentieren. Außerdem ist es oft eine Herausforderung für diejenigen, die selbst Teil der Szene sind: Manche haben Schwierigkeiten, beides voneinander abzugrenzen. Wenn dann Freunde fragen: „Warum machst du ausgerechnet da mit? Und warum bist du so angezogen?“, ist das für manche schwer auszuhalten. Wir respektieren das natürlich, aber wir wissen auch, dass unser Konzept funktioniert. Wer sich traut, merkt schnell: Es macht Spaß, es bewegt Menschen und es bringt richtig was!.
Ja, sehr gerne! Wenn du selbstbewusst schwul oder bisexuell bist, keine Angst vor Verkleidung hast, gut mit Menschen umgehen kannst und es dir nichts ausmacht, Leute direkt anzusprechen, dann bist du bei uns genau richtig! Teamfähigkeit ist uns wichtig, und wenn du dann auch noch halbwegs passabel singen kannst, umso besser.
Bevor du mit uns auf die Bühne oder zu Aktionen gehst, bekommst du eine inhaltliche Schulung (meistens in Köln), damit du fachlich fit bist und souverän über Safer Sex, HIV-Prävention und Gesundheitsvorsorge sprechen kannst. Danach heißt es: Bühne frei!
Unsere Arbeit basiert auf zielgruppenspezifischer Prävention. Schwule und bisexuelle Männer oder genauer gesagt MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) sind in Deutschland die Hauptbetroffenengruppe bei HIV und Aids. Deshalb gibt es spezielle Präventionsangebote, die genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Unsere Gruppe wird mit Fördergeldern ausschließlich für diesen Bereich finanziert. Bei unseren Aktionen führen wir sehr viele Gespräche auch mit Frauen, Lesben, Heterosexuellen Menschen, Trans*-Personen. Wir machen dort keine Ausnahmen und haben keine Berührungsängste. Alle können bei uns etwas lernen und dann später im Freundeskreis weiterverbreiten. Stichwort: Multiplikatoren :-)
Das alles bedeutet aber nicht, dass die Prävention für Frauen und Lesben unwichtig ist! Die Aidshilfe hat viele weitere Projekte, die hier ansetzen. Und falls Du der Meinung bist, dass es mehr Aufklärung im Bereich HIV und STIs für Frauen geben sollte, dann melde Dich gerne bei der Aidshilfe. Dort kannst Du Dich ehrenamtlich engagieren und aktiv mithelfen.
Blog-Beiträge zu Herzenslust
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