Moderator-Typen: Von Laber-Köpfen, Rampensäuen und Langweilern plus 20 Tipps wie Sie es besser machen können

Moderation ist eine hohe Kunst. Manche beherrschen sie brillant, andere wiederum hinterlassen das Publikum mit schmerzhaftem Fremdscham. Ich möchte niemanden verletzen, aber ich berichte hier einfach aus meiner Erfahrung. Und ich bin immer wieder „überrascht“, wer sich so alles auf eine Bühne stellt, damit zufrieden ist und wie viel den Zuschauern oft zugemutet wird.

Dabei ist das Publikum meistens erstaunlich gnädig. Manchmal lacht es sogar mit dem Unsicheren. Aber nicht, weil er so großartig ist, sondern aus Großzügigkeit. Wer sich wirklich verbessern will, sollte echtes und hilfreiches Feedback einholen. Am besten von Menschen, die wohlgesonnen sind, aber auch konstruktive Kritik äußern können. Das sind nicht viele, glauben Sie mir. Und: Zeichnen Sie sich selbst auf, schauen Sie das später in Ruhe an. Finden Sie alles gut, was Sie da machen? Was können Sie verbessern? Vergleichen Sie sich mit Ihren Vorbildern. Nur so wird man wirklich besser.


Aber zurück zum Thema. Ich habe mal ein paar Negativ-Beispiele zusammengestellt. Wie immer gilt: Aus Fehlern kann man lernen, also auch negative Vergleiche können einen weiterbringen :-) Eine positive Zusammenfassung mit 20 hilfreichen Tipps gebe ich Ihnen am Ende dieses Artikels. Los gehts....


Die schlimmsten Moderator-Typen


1. Der Possenreißer

Er glaubt, eine Comedy-Show zu moderieren. Jeder Satz wird mit einer Pointe garniert, die oft leider keine ist. Sein Lachen ist oft lauter als das des Publikums. Schlimm wird es, wenn er mit erzwungenen Scherzen versucht, fehlende Inhalte zu kaschieren. Das Publikum sitzt da, höflich lächelnd, während der Fremdschampegel steigt. Peinliche Pausen werden von ihm panisch mit noch mehr sinnlosen Witzen gefüllt. Was er nicht versteht: Ein guter Moderator muss nicht zwanghaft lustig sein, sondern im richtigen Moment den richtigen Ton treffen.


2. Die Rampensau

Er braucht kein Publikum. Er braucht nur sich selbst. Der Star der Show ist er, nicht die Gäste. Er genießt den Applaus, ob verdient oder nicht. Seine Stimme hallt durch den Raum, seine Gesten sind theatralisch, und er schafft es, selbst ein ernstes Thema wie die Wirtschaftslage in eine One-Man-Show zu verwandeln. Das Gespräch mit Gästen wird zur Nebensache, denn die Hauptsache ist: Er. Gäste kommen kaum zu Wort, und wenn doch, dann nur als Stichwortgeber für die nächste Selbstdarstellung. Was mich immer wieder erstaunt: Rampensäue kommen oft beim Publikum an. Viele meinen auch, das müsste so sein. Dabei wird die Rolle verwechselt: Eine Rampensau kann ein Programmpunkt sein, aber niemals der Moderator. Das ist ein Widerspruch in sich. 


3. Der Laber-Kopf

Mein absoluter Favorit. In Bielefeld gibt es seit 15 Jahren eine jährliche Veranstaltung mit so einem Moderator-Typ. Wirklich. Seit satten 15 Jahren dieselbe Art. Und die geht so: Er hat sich „ein paar Notizen gemacht“, aber eigentlich verlässt er sich auf seine „spontane Schlagfertigkeit“. Das Problem: Er redet, redet, redet... und am Ende weiß niemand mehr, worum es ging. Selbst wenn das Publikum sich anfänglich noch interessiert zeigt, schaltet es nach zwei Minuten geistig ab. Der Laber-Kopf erkennt das nicht, fühlt sich großartig auf der Bühne und redet einfach unbeirrt weiter. Seine Ankündigungen werden in ausschweifenden Monologen eingebettet, bis niemand mehr weiß, was eigentlich als nächstes kommt. Namen werden falsch ausgesprochen, Daten vertauscht, Infos sind schnell als unrecherchiert entlarvt, sie stimmen einfach nicht und das merkt man auch sofort - allein an widersprüchlichen Aussagen. Am Ende bleibt ein diffuses Gefühl von Zeitverschwendung zurück. Das ist wirklich kaum auszuhalten. Ich frage mich immer, was wohl auf den "Moderationskarten" steht? 1 Liter Milch, 12 Eier, Tomaten, Kartoffeln, 1 Kiste Bier? Ein Laber-Kopf hat sich nicht oder nur sehr schlecht vorbereitet. Er denkt: Irgendwas fällt mir schon ein. Tut es nicht. Sehen wir ja. Alle. Nur er nicht. Und so ist es dann stets eine Erlösung, wenn der nächste Show-Act auf die Bühne kommt und es endlich weiter geht.


4. Der Unsichere

Er hält sich am Moderationskärtchen fest, als wäre es ein Rettungsring auf hoher See. Ständiges „Ähm...“ und verlegene Blicke ins Publikum machen ihn zu einer Herausforderung für die Zuschauer. Seine Stimme ist zittrig, sein Blick nervös, und seine Sätze enden oft in unverständlichem Gemurmel. Statt souverän zu führen, wirkt er wie ein Schüler bei seinem ersten Referat. Er merkt selbst, dass es nicht gut läuft, und macht die Situation damit nur noch schlimmer. Das Publikum fühlt mit ihm. Das aber auf eine Art, die mehr Mitleid als Begeisterung weckt. Mache Unsicheren verstehen das falsch und werten die Aufmunterung des Publikums als Ansporn.


5. Der Perfekte

Akribisch vorbereitet, jede Betonung sitzt, jedes Wort ist goldrichtig. Und doch... Gähn. Er nimmt sich selbst so ernst, dass jede Lockerheit fehlt. Oder er hat einfach nur zuviel Angst zu versagen. Das kann ich verstehen, aber es überträgt sich auf das Publikum. Seine Moderation wirkt wie auswendig gelernt, jeder Satz exakt geplant. Wozu? Er gibt keine Sekunde Raum für Spontaneität, kein Moment ist ungeplant. Dadurch verliert er jede Natürlichkeit und jede Überraschung. Perfektion kann faszinierend sein, aber wenn sie keine Seele hat, bleibt sie leblos. Das Publikum respektiert ihn, aber es fühlt sich nicht mitgenommen.


6. Der Langweiler

Gleiche Tonlage, null Charisma. Er könnte auch die Lottozahlen vorlesen. Es würde sich genauso aufregend anfühlen. Egal, ob es um ein bahnbrechendes wissenschaftliches Ereignis oder eine lustige Anekdote geht, seine Stimme bleibt monoton. Seine Körpersprache ist ebenso ausdruckslos wie sein Gesicht. Manche werden auch innerhalb des Vortrages immer leiser und leiser. Gerade noch erlebt. Das Publikum beginnt sich schnell auf ihre Smartphones zu konzentrieren oder ist in Gedanken woanders, denn hier gibt es nichts, das fesselt. Ein guter Moderator schafft es, mit seiner Stimme und seinem Auftreten Dynamik zu erzeugen. Der Langweiler schafft nur eins: Schlaf.


7. Der Abschreiber

Es gibt Leute, die denken: „Hey, ich schreibe einfach ein paar Fakten aus Wikipedia zusammen und moderiere damit die nächsten Nummern an...“ Kann doch jeder. Ich sowieso. Und dann lesen sie das auch noch recht gelangweilt vor. Keine eigene Note, keine Persönlichkeit, kein Funken von Lebendigkeit.  Keine Emotionen, nur abgeschriebenes Hintergrundwissen. Das reicht nicht!


Keine Frage: Hintergrundinfos machen das Gebotene viel erlebbarer, machen neugierig, setzen den Fokus. Dem Publikum wichtige Infos zum nächsten Programmpunkt zu geben ist sehr wichtig und wird oft unterschätzt. WIkipedia ist eine gute erste (!) Anlaufstelle für solche Dinge. Aber Moderation ist eben mehr als bloßes Abschreiben und Ablesen. Wer das Publikum erreichen will, muss sich mit dem Thema beschäftigen, Inhalte verinnerlichen und sie mit eigener Begeisterung transportieren. Sonst wird aus der Moderation nur eine emotionslose Vorlesestunde. Bieten Sie dem Publikum einen Mehrwert. Es ist für viele Menschen einfach immer anstrengend zuzuhören. Die meisten reden lieber selbst. Wenn Ihnen Menschen also großzügig ihre Aufmerksamkeit schenken (!), gehen Sie lieber sorgsam damit um. Machen Sie daher Ihren Vortrag spannend, charmant, kurzweilig. Bauen Sie Rampen für den nächsten Programmpunkt, auf denen die nächste Nummer durchstarten kann. 


Das können Sie besser machen: 20 Rituale für eine gute Moderation

  1. Kennen Sie Ihr Publikum! Wer sitzt vor Ihnen? Passen Sie Ihren Stil an.
  2. Seien Sie vorbereitet! Spontanität ist super, wenn sie auf Vorbereitung fußt.
  3. Merken Sie sich Namen! Ihr Gast fühlt sich ernst genommen. Falsch ausgesprochene Namen sind peinlich. Für alle.
  4. Reden Sie mit den Augen! Blickkontakt hält die Verbindung.
  5. Atmen Sie! Eine Pause kann mehr Spannung erzeugen als 100 Worte.
  6. Halten Sie es kurz! Ein knackiger Einstieg ist besser als ein epischer Monolog.
  7. Nutzen Sie Humor gezielt! Ein guter Witz zur richtigen Zeit, nicht als Dauerfeuer.
  8. Seien Sie flexibel! Überraschungen sind der Normalzustand.
  9. Sprechen Sie deutlich! Verschrumpfte Nuscheleien versteht niemand.
  10. Vermeiden Sie Fachjargon! Außer, Ihr Publikum besteht aus Fachleuten.
  11. Modulieren Sie Ihre Stimme! Ein lebendiger Tonfall fesselt. Variieren Sie mal.
  12. Bleiben Sie authentisch! Gespielte Lockerheit wirkt peinlich. Bleiben Sie sie selbst.
  13. Interagieren Sie! Ein gutes Gespräch ist keine Einbahnstraße.
  14. Achten Sie auf Körpersprache! Ihre Haltung sagt mehr als Ihre Worte.
  15. Passen Sie auf Ihre Hände auf! Wildes Gestikulieren lenkt ab. Niemals vor dem Spiegel gestikulieren üben. 
  16. Seien Sie der Dirigent, nicht der Solist! Halten Sie sich zurück. Lassen Sie die Gäste glänzen.
  17. Halten Sie das Mikro richtig! Nicht zu nah, nicht zu weit. Nicht mit dem Mikro gestikulieren!
  18. Bleiben Sie entspannt! Ein nervöser Moderator macht das Publikum nervös.
  19. Machen Sie eine Generalprobe! Besonders bei größeren Events.
  20. Haben Sie Spaß! Wenn Sie Spaß haben, hat das Publikum auch welchen.


Fazit

Moderation ist mehr als nur Reden. Sie ist Handwerk, Empathie und Übung. Wer glaubt, er sei von Natur aus ein großartiger Moderator, irrt meist. Selbst die besten Profis analysieren ihre Arbeit und verbessern sich stetig. Ein guter Moderator verbindet Struktur mit Lockerheit, Information mit Unterhaltung und Klarheit mit Charme. Wer sich weiterentwickelt, ehrlich zu sich selbst ist und echtes Feedback einholt, wird nicht nur das Publikum begeistern, sondern auch langfristig Freude an der Moderation haben. Viel Erfolg!

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